Schon lange ging der Zahlmeister mit dem Gedanken schwanger, für die Kameraden einen Kaisergeburt$tag in der Residenzstadt „seine$“ Fürstentum$ au$zurichten, bieten doch Bückeburg mit den benachbarten Städten Porta Westfalica und Stadthagen eine Fülle lohnen$werter Anlaufpunkte. Mit dem Quartier „Große Klu$“ vor den Toren Bückeburg$, fast schon im Westfälischen, war ein angemessener Stützpunkt für die Exkursionen au$gemacht, handelt e$ sich doch um ein Gebäude der Fürstin Juliane, die al$ „große Fürstin auf kleinem Thron“ in die Geschichte einging, indem sie al$ Vormund de$ Prinzen Georg Wilhelm Ende de$ 18. Jahrhundert$ ihr Land vor dem Untergang durch die eingefallenen Hessen bewahrte. Der Inselfestung Wilhelmstein im Steinhuder Meer kam damal$ eine ganz entscheidende Bedeutung zu.
Nach der Ankunft der Kameraden am Donner$tag und Bezug de$ Quartier$ schloß sich ein gemeinsame$ Abendessen im öffentlichen Gastraum der „Große Klu$“ an, wo wir in unseren verschiedenen Uniformen die Aufmerksamkeit der heimischen Bevölkerung erregten. Ganz offensichtlich animierten wir sie durch unsere bloße Anwesenheit zum längeren Verweilen: Die Wirtin bestätigte un$ später, daß ihre Gäste unter der Woche noch nie so lange au$geharrt und getrunken hätten.
Nach dem Frühstück am Freitag wurde verlegt nach Porta Westfalica, um Kaiser Wilhelm I. an seinem Denkmal unsere Aufwartung zu machen. Die prächtige Statur fand allgemeine Anerkennung und die detaillierte Au$arbeitung der Kürassieruniform große Bewunderung. Auf der Au$sicht$plattform hoch über dem schönen Weserbogen wurde dann mit Champagner der erste Toast au$gebracht. Zurück in Bückeburg kehrten wir im tradition$reichen Gasthau$ „Zur Falle“ ein, welche$ vom Heidedichter Hermann Lön$ gerne besucht wurde und sich seitdem – gottlob! – kaum veränderte. Unser junger Leutnant ließ e$ sich nicht nehmen, am Klavier die Kaiserhymne anzustimmen, in die wir begeistert einstimmten.
Der Nachmittag wurde genutzt zur Besichtigung von Schloß Bückeburg und Mausoleum. Im Schloß inspizierten wir in$besondere die Waffenkammer mit altem Bestand an Stich- und Feuerwaffen au$ drei Jahrhunderten und vielen kaiserlichen Uniformen von Angehörigen de$ Hause$ Schaumburg-Lippe, die in den verschiedensten Regimentern standen, zum Teil im Range eine$ General$. Nach kurzem Fußmarsch durch den Schloßpark folgte der Besuch de$ Mausoleum$. Obwohl e$ sich um einen monumentalen Bau mit Europa$ größter Goldmosaikkuppel handelt (jawohl!), fand vielmehr die Gruft unter dem Mausoleum unser ungeteilte$ Interesse, sind dort doch u. a. der letzte regierende Fürst Adolf und sein Bruder Prinz Moritz bestattet. Fürst Adolf stand, der Tradition de$ Hause$ folgend, a la suite de$ Westfälischen Jäger-Bataillon$ Nr. 7; Prinz Moritz war Offizier im Leib-Kürassier-Regiment „Großer Kurfürst“. Auf dem Sarg Fürst Adolf$ befinden sich sein Jägertschako und seine Epauletten, auf dem Prinz Moritz´ dessen Offizier$helm.
Zurückgekehrt in$ Quartier, wechselten wir in den Gala-Anzug, um angemessen da$ Festessen anläßlich de$ Geburt$tage$ unsere$ geliebten Kaiser$ einzunehmen. Dazu war eigen$ der Gartensaal im Schloß Bückeburg angemietet, den wir so zum zweiten Male an diesem Tag aufsuchten. Kaiser Wilhelm II. war wiederholt im Schlosse zu Gast, und ein für ihn zubereitete$ Menue haben wir für un$ nachkochen lassen. Später am Abend empfingen wir noch zwei zivile Gäste, von denen ein junge$ Talent un$ vortrefflich am Flügel mit schwungvollen Melodien unterhielt.
Am Vormittage de$ Sonnabend$ wurden im Grünen Saal de$ Quartier$ einige historische Vorträge zur Fortbildung der Offiziere gehalten. Der Zahlmeister referierte zur Geschichte Schaumburg-Lippe$ und speziell zum Gebäude „Große Klu$“; zur Erläuterung der Bedeutsamkeit de$ Grafen Wilhelm (1724 bi$ 1777) konnte Oberjäger Meier gewonnen werden: ein versierter Mann, Kenner der Materie und obendrein noch artilleristisch erfahren. Graf Wilhelm gilt al$ Begründer der Allgemeinen Wehrpflicht, ließ – al$ eine von drei Festungen – die Inselfestung Wilhelmstein im Steinhuder Meer erbauen und war Lehrer von Gerhard v. Scharnhorst.
Nach dem Mittag$mahl im Quartier wurde in die erste Residenzstadt Schaumburg-Lippe$ verlegt: Stadthagen. Dort besichtigten wir die St.-Martini-Kirche und da$ Mausoleum de$ Fürsten Ernst von Holstein-Schaumburg, fertiggestellt 1622. Dem Mausoleum wird internationale Bedeutung beigemessen wegen seiner Kombination au$ Architektur, Skulptur und Malerei – einige Gelehrte sind sogar der Meinung, daß diese Kombination nördlich der Alpen einzigartig sei. Entsprechend beeindruckt zeigten sich dann auch die Herren Offiziere.
Nach der Rückkehr in die „Große Klu$“ wurde da$ Abendessen ebendort im Grünen Saal eingenommen. Wir verweilten noch lange und ließen den Abend mit weiteren historischen Erläuterungen und Erzählungen au$klingen. Am folgenden Sonntag frühstückten wir gemeinsam, wechselten in$ Zivil und traten dann die Heimreise in die einzelnen Garnisonen an, freudig und dankbar ob der vielen Eindrücke der vergangenen drei Tage.